Markus Pieper (MdEP) zur Nominierung der designierten EU-Kommissionspräsidentin
Sehr geehrte Damen und Herren ,
zu der Nominierung Frau von der Leyens als neue EU-Kommissionspräsidentin habe ich heute meine Gedanken zum Thema veröffentlicht. Mein Dank und meine Solidarität gelten Manfred Weber für seinen engagierten und erfolgreichen Wahlkampf. Dennoch werde ich Frau von der Leyen aus politischer Verantwortung und inhaltlicher Überzeugung unterstützen. In der Zukunft muss jedoch das Spitzenkandidaten-Prinzip gelten, um die Demokratie in der EU zu stärken.
Viele Grüße
Dr. Markus Pieper MdEP
Anlässlich der Entscheidung des Europäischen Rates, Ursula von der Leyen als Kandidatin für die Kommissionspräsidentschaft zu nominieren, erklärt der Münsterländer Europa-Abgeordnete Dr. Markus Pieper (CDU): „Die Entscheidung des Rats hat mich schwer enttäuscht. Denn mit Manfred Weber gab es einen Spitzenkandidaten, der einen engagierten Wahlkampf geführt hat und mit dem die Christdemokraten stärkste Kraft in Europa geworden sind. Außerdem stellt die Missachtung des Spitzenkandidaten-Prinzips durch den Rat einen Rückschritt für die europäische Demokratie dar. Dennoch werde ich Frau von der Leyen als neue EU-Kommissionspräsidentin unterstützen, da sie bereits überzeugende inhaltliche Vorschläge gemacht hat. Dazu zählen unter anderem die Festschreibung des Spitzenkandidaten-Prinzips durch eine interinstitutionelle Einigung zwischen Rat, Kommission und Parlament, eine Reform der Kommission sowie die Schaffung des Initiativrechts für das Europäische Parlament. Darüber hinaus genießt sie als langjährige Bundesministerin großes Ansehen in Europa. Mit ihrer Nominierung wird dem Wahlsieg der EVP wenigstens teilweise Rechnung getragen. Nach den langwierigen Verhandlungen stellt die Nominierung Frau von der Leyens einen europäischen Kompromiss dar. Diesen nun zu blockieren hätte einen politischen Stillstand und damit eine schwere Institutionenkrise der EU zur Folge. Dies kann weder im Interesse der Bürger noch der Politik sein. Stattdessen sollten wir nun in die inhaltliche Arbeit einsteigen und mit der neuen Kommission und dem Rat über eine Stärkung des Europäischen Parlaments verhandeln.“
Hintergrund: Die EVP-Fraktion, die als stärkste Kraft aus den Europawahlen hervorging, versuchte zunächst dem Rat (der laut EU-Vertrag das Vorschlagsrecht „unter Berücksichtigung des Wahlergebnisses“ hat) Manfred Weber als gemeinsamen Kandidaten des Parlaments zu präsentieren. Dazu wurde zwischen EVP und den anderen Fraktionen über ein gemeinsames Arbeitsprogramm verhandelt, welches Weber in seiner Arbeit als Kommissionspräsident verpflichtet hätte. Durch den plötzlichen Rückzug von Sozialisten und Liberalen im Laufe der Verhandlungen, die das Ergebnis der Europawahl nicht akzeptieren wollten, kam kein gemeinsamer Vorschlag in Person von Manfred Weber zustande. Dadurch wurde die Verhandlungsmacht des Parlaments gegenüber dem Rat entscheidend geschwächt. Aufseiten des Rates formierte sich ebenfalls heftiger Widerstand gegen Weber. Emmanuel Macron und Viktor Orbán lehnten den EVP-Kandidaten aus persönlichen Gründen ab. Da Orban einige der Visegrád-Staaten auf seiner Seite hatte, scheiterte am Widerstand Frankreichs und Ungarns Manfred Webers Kandidatur endgültig. Den anschließenden Vorschlag des Ratspräsidenten, Donald Tusk, Frans Timmermanns zu nominieren, lehnten die EVP-Fraktion sowie einige osteuropäische Staaten ab. Aufseiten von EVP wurde auf das Wahlergebnis sowie die inhaltlichen Differenzen in der Finanz- und Sozialpolitik verwiesen (Stichwort „gemeinsame Staatsschuldenhaftung“ und „Subsidiarität in der Sozialpolitik“), die Osteuropäer kritisierten seine Aussagen zur mangelhaften Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und Polen. Damit kristallisierte sich in den Verhandlungen des Rates Ursula von der Leyen als Kandidatin des kleinsten gemeinsamen Nenners heraus.
Aufgrund ihrer europäischen Vita und ihrer langjährigen Erfahrung als Bundesministerin (Bildung, Verteidigung) wurde sie von den Staats- und Regierungschefs übereinstimmend favorisiert und schließlich nominiert.
Dr. Markus Pieper MdEP
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